Was ist, wenn die CSRD nicht umgesetzt wird?

Die Verzögerung bei der Umsetzung der CSRD in deutsches Recht hat mehrere potenzielle Konsequenzen, sowohl rechtlicher als auch praktischer Natur.

1. Vertragsverletzungsverfahren und Sanktionen

  • EU-Vertragsverletzungsverfahren: Die EU-Kommission hat bereits ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet. Bei weiterer Verzögerung drohen finanzielle Sanktionen oder andere Maßnahmen gegen Deutschland.
  • Reputationsverlust: Die Verzögerung könnte Deutschlands Ruf als verlässlicher Akteur im Bereich Nachhaltigkeit und EU-Regulierung schädigen.

2. Rechtsunsicherheit für Unternehmen

  • Berichtspflichten gelten weiterhin: Die CSRD ist EU-Recht und gilt seit dem 5. Januar 2023. Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der CSRD fallen, müssen die Vorgaben in ihren Nachhaltigkeitsberichten ab 2025 (für das Berichtsjahr 2024) umsetzen – unabhängig davon, ob nationales Recht vorliegt.
  • Unklare Rahmenbedingungen: Ohne nationale Umsetzung fehlen klare Regelungen zur Integration in das HGB, z. B. zur Prüfung der Berichte oder Sanktionen bei Nichteinhaltung.

3. Gefahr der unbilligen Rückwirkung

  • Unternehmen könnten argumentieren, dass rückwirkende Anforderungen (z. B. Berichterstattung für 2024, geregelt erst ab 2025) rechtlich unzumutbar sind. Dies könnte:
    • Rechtsstreitigkeiten auslösen.
    • Unternehmen, insbesondere KMU, in eine schwierige Lage bringen, wenn Berichtspflichten kurzfristig und ohne Übergangszeit gelten.

4. Praktische Herausforderungen für Unternehmen

  • Planungsunsicherheit: Unternehmen müssen sich auf die EU-Vorgaben einstellen, ohne genaue Details zur nationalen Umsetzung zu kennen.
  • Kostensteigerungen: Fehlende Klarheit könnte zu erhöhtem Aufwand bei der Umsetzung führen, z. B. durch mehrfach notwendige Anpassungen interner Berichtsprozesse.
  • Risikomanagement: Unternehmen müssen eventuell international gültige CSRD-Anforderungen direkt anwenden, ohne die Erleichterungen des deutschen Gesetzes nutzen zu können.

5. Verzögerungen bei der Wirtschaftsprüfung

  • Prüferstandard: Ohne eine klare Regelung in Deutschland könnte die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte uneinheitlich erfolgen, was zu Unsicherheit bei Prüfern und Unternehmen führen kann.

6. Potenzieller Wettbewerbsnachteil

  • Unternehmen in Deutschland könnten gegenüber solchen in EU-Ländern, die die CSRD rechtzeitig umgesetzt haben, ins Hintertreffen geraten, da diese bereits in die Prozesse investiert und klare Vorgaben haben.

Handlungsempfehlungen

  1. Vorbereitung auf EU-Vorgaben: Unternehmen sollten sich direkt an den Anforderungen der CSRD und den EFRAG-Standards orientieren, um Verzögerungen zu vermeiden.
  2. Frühzeitige Beratung: Rechts- und Nachhaltigkeitsexperten sollten eingebunden werden, um Unsicherheiten zu minimieren.
  3. Engagement auf EU-Ebene: Beteiligung an Konsultationen und Austausch mit europäischen Partnern könnten helfen, nationale Verzögerungen zu kompensieren.

Die fehlende Umsetzung auf nationaler Ebene ändert nichts daran, dass Unternehmen ab 2025 faktisch CSRD-konform berichten müssen – eine Herausforderung, die strategische Weitsicht und rechtliche Vorsorge erfordert.

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